Belgien, Deutschland und die "Anderen". Bilder, Diskurse und Praktiken von Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung

Belgien, Deutschland und die "Anderen". Bilder, Diskurse und Praktiken von Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung

Organizer(s)
Arbeitskreis Historische Belgienforschung (AHB); Arthur Langerman Foundation (ALF) / Arthur Langerman Archiv (ALAVA) am Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin
ZIP
10623
Location
Berlin
Country
Germany
Took place
In Attendance
From - Until
23.09.2022 - 24.09.2022
By
Bernhard Liemann, Universität Münster

Titel der Tagung: Belgien, Deutschland und die ‚Anderen‘. Bilder, Diskurse und Praktiken von Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung
Veranstalter: Arbeitskreis Historische Belgienforschung (AHB) in Kooperation mit der Arthur Langerman Foundation (ALF) / Arthur Langerman Archiv (ALAVA) am Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin
Ort: Berlin
Datum: 23.09.2022–24.09.2022
Autor: Bernhard Liemann, Universität Münster

Am 23. und 24. September 2022 traf sich der Arbeitskreis Historische Belgienforschung zu seinem sechsten Workshop an seinem Gründungsort Berlin. Unter dem Titel „Belgien, Deutschland und die ‚Anderen‘. Bilder, Diskurse und Praktiken von Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung“ widmete sich der Arbeitskreis erstmals einem zentralen Thema. Die Zusammenarbeit mit der Arthur Langerman Foundation (ALF) / Arthur Langerman Archiv (ALAVA) am Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin erwies sich dabei, soviel sei hier schon vorweggenommen, als sehr gelungen. Sebastian Bischoff, Christoph Jahr, Tatjana Mrowka und Jens Thiel vom Arbeitskreis Historische Belgienforschung sowie Angelika Königseder vom ALAVA am Zentrum für Antisemitismusforschung konnten zahlreiche Teilnehmende zum ersten Workshop in Präsenz nach der COVID-19-Pandemie begrüßen, der 14 Vorträge und eine Abendveranstaltung umfasste.

SEMJON ARON DREILING (Frankfurt am Main) sprach aus kunsthistorischer Perspektive über den Maler Antoine Wiertz (1806–1865) und dessen Bedeutung für den noch jungen Nationalstaat Belgien in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Wiertz habe seine Kunst als emanzipativen Akt zur Förderung des belgischen Patriotismus verstanden. Eine große Rolle habe dabei die Abgrenzung zum großen Nachbarn Frankreich gespielt, exemplarisch ausgeführt anhand des Gemäldes „Die Zivilisation des 19. Jahrhunderts“ (1864), welches die Inhumanität der Todesstrafe und der als französisch gelesenen Guillotine darstelle. Nachdem König Leopold I. und die belgische Regierung 1850 darauf hingewirkt hätten, Wiertz auf Staatskosten ein neues Atelier in Brüssel zu erbauen, sei das Gebäude nach dessen Tod mitsamt der großflächigen Gemälde an den belgischen Staat zurückgefallen und heute als Wiertz-Museum für Besucher:innen geöffnet.

WINFRIED DOLDERER (Berlin) diskutierte den Wandel der Feindbild-Diskurse in der flämischen Bewegung vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Wenn es in den südlichen Niederlanden ab 1814 in einem Volkslied geheißen habe „Fransche ratten, rolt uw matten!“ („Französische Ratten, haut ab!“), sei dies nicht nur gegen das ehemalige napoleonische Besatzungsregime gerichtet gewesen, sondern ab der belgischen Unabhängigkeit 1830 zunehmend auch gegen einen inneren Feind, den frankophonen Belgier:innen. Wenn die Flämische Bewegung seither auf das asymmetrische Verhältnis des Französischen und des Niederländischen in Belgien verbunden mit einem soziokulturellen Machtgefälle zwischen zumeist frankophoner Elite und mehrheitlich flämischer Landbevölkerung hingewiesen habe, sei von Beobachter:innen regelmäßig ein flämischer Inferioritätskomplex konstatiert worden. Seit der Festlegung der Sprachgrenze 1963 hätte sich das Feindbild der Flämischen Bewegung gewandelt, weil sich die Konfliktkonstellation von einer vertikalen zu einer horizontalen Struktur im flämischen Landesteil entwickelt habe. Während der flämischen Protestbewegung Leuven Vlaams (Affaire de Louvain) 1967/68 lautete ein Schlachtruf in Abwandlung des alten Volkslieds diesmal „Waalse ratten, rolt uw matten!“ („Wallonische Ratten, haut ab!“) und hatte nicht nur die Spaltung der Katholischen Universität Löwen zur Folge, sondern auch den Sturz der belgischen Regierung und eine Föderalisierung des Landes.

ANJA VAN DE POL-TEGGE (Brüssel/Düsseldorf) widmete sich dem Eigenen und dem Fremden in der belgisch-deutschen Literaturübersetzung seit 1945. Aus einer translationswissenschaftlichen Perspektive fragte sie: Was verraten literarische Übersetzungen über die komplexe kulturelle Verflechtungsgeschichte zwischen Belgien und der Bundesrepublik Deutschland? Das zugrundeliegende Korpus bestand aus zehn Romanübersetzungen der belgischen Ausgangssprachen Französisch und Niederländisch in die Zielsprache Deutsch und umfasste Werke von Louis Paul Boon, Hugo Claus, Fikry El Azzouzi, Marie Gevers, Thomas Gunzig und Amélie Nothomb. Dabei folgen die Tendenzen in der belgisch-deutschen Translationsdynamik zum Beispiel beim Umgang mit der NS-Vergangenheit teilweise den Tendenzen in der Erinnerungskultur. Spannend sei eine Erweiterung der Fragestellung um die ostdeutsche Perspektive der DDR.

CHRISTOF BAIER (Düsseldorf) setzte sich mit dem deutschen Kunsthistoriker Wilhelm Fraenger (1890–1964) und seinen Interpretationen belgisch-niederländischer Kunst zwischen 1918 und 1933 auseinander. Ausgehend von einem positiven Potential von Fremdheit betone Fraenger in seiner Auseinandersetzung mit Rembrandt das Spannungsfeld von holländischer Judenfeindschaft einerseits und seiner Nähe zur Amsterdamer jüdischen Gemeinde andererseits. Nach Fraenger habe besonders die Begegnung mit dem Exotismus des Morgenlandes in einer ansonsten vom Calvinismus dominierten Kultur zur Schaffenskraft des jungen Rembrandts beigetragen.

ROEL VANDE WINKEL (Leuven) nahm die öffentliche Vorführung und Rezeption antisemitischer Filme im besetzten Belgien von 1940 bis 1944 in den Blick. Während unter der deutschen Militärverwaltung die Anzahl der Kinos in Belgien mit circa 950 annähernd stabil geblieben sei, ließe sich bei der Anzahl der Filmverleiher ein drastischer Rückgang von 114 (1940) auf 15 (1944) beobachten. Anhand einer Filmauswahl konnte Vande Winkel zeigen, dass es im besetzen Belgien ein eher geringes Publikumsinteresse an antisemitischen Kinofilmen gab.

GENEVIÈVE WARLAND (Louvain-la-Neuve) präsentierte ihre Forschungen zu antisemitischen Feindbildern in Belgien im 19. und 20. Jahrhundert. Sie fokussierte sich dabei auf Karikaturen und Illustrationen der Wochenzeitschriften „Le Tirailleur“ (1881–1894) und „L’assaut“ / „De Stormloop“ (1933–1940), beide im Bestand des Arthur Langerman Archivs. Im „Le Tirailleur“, Erscheinungsort Brüssel und katholisch-ultrakonservativ ausgerichtet, seien Einflüsse des Journalisten Édouard Drumont, einer Hauptfigur des französischen Antisemitismus, deutlich nachweisbar. Für „L’assaut“ / „De Stormloop“, erschienen in Antwerpen und royalistisch-faschistisch ausgerichtet, müsse mit seinem rassistischen Antisemitismus noch geprüft werden, inwieweit Karikaturen aus der nationalsozialistischen Wochenzeitschrift „Der Stürmer“ übernommen worden sind.

In einer Abendveranstaltung gewährte UFFA JENSEN (Berlin) einen Einblick in die Arbeit des Arthur Langerman Archivs am Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin. Arthur Langerman, geboren 1942 in Antwerpen-Borgerhout, habe fast seine gesamte Familie im Holocaust verloren und dennoch seit den 1960er-Jahren eine der weltweit größten Sammlungen von Antisemitika zusammengetragen. Diese umfasse mehr als 9.000 Stücke aus vier Jahrhunderten mit einem Schwerpunkt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Frankreich, Deutschland sowie Russland und stehe seit 2019 für Bildungs-, Forschungs- und Ausstellungszwecke zur Verfügung. PHILIPPE PIERRET (Brüssel) ging im Anschluss speziell auf die belgischen Antisemitika in der Sammlung Langerman ein. Ein besonderes Augenmerk legte er dabei auf die unterschiedlichen Quellengattungen, darunter Gemälde, Drucke, Zeichnungen, Zeitungen, Postkarten, Bücher, Broschüren und als Kuriosa verschiedene judenfeindliche Alltagsgegenstände wie Spazierstöcke, Tabakpfeifen, Geschirr, Krüge und Nippesfiguren, die an anderer Stelle bisher noch nicht systematisch gesammelt worden seien.

HUBERT ROLAND (Louvain-la-Neuve) zeichnete am Beispiel des Literaturtheoretikers Paul de Man (1919–1983) und des Comicautors Hergé (1907–1983) die intellektuelle Kollaboration im französischsprachigen Belgien nach. Während der erste für den antisemitischen Artikel „Les Juifs dans la littérature actuelle“ („Le Soir“, 4. März 1941) verantwortlich zeichne, habe sich der zweite im Tim-und-Struppi-Album „Der geheimnisvolle Stern“ (Original: „L’Étoile mystérieuse“, „Le Soir“, 20. Oktober 1941 bis 21. Mai 1942) bei der Darstellung des amerikanisch-jüdischen Bankiers Blumenstein, später geändert in Bohlwinkel, stark an antisemitischen Karikaturen orientiert. Roland sieht Paul de Man und Hergé nicht als Ideologen, sondern als Opportunisten. Gleichzeitig betonte er die Forschungsdesiderate bei einer kritischen Auseinandersetzung mit Kulturvermittlung bzw. Kulturtransfers während der deutschen Besatzung Belgiens im Zweiten Weltkrieg.

JULIE CROMBOIS (Namur) verwies in ihrem Vortrag zum deutsch-belgischen Literaturaustausch zwischen 1933 und 1945 auf den Umstand, dass in zeitgenössischen Besprechungen regelmäßig die Drehscheibenfunktion der Wallonie als Mittlerin zwischen Germania und Romania betont worden sei. Bis zur Gleichschaltung der belgischen Presse während der Besatzungszeit habe es einen kritischen Diskurs zu Deutschland gegeben, so vor allem im Umfeld des Spanischen Bürgerkrieges ab 1936 und der Eingliederung Österreichs in das nationalsozialistische Deutschland 1938. Als Beispiel für die intellektuelle Kollaboration führte Crombois den wallonischen Journalisten Pierre Hubermont an. Dieser stand der von der deutschen Militärverwaltung finanzierten „Communauté culturelle wallonne“ und der von ihr herausgegebenen Zeitschrift „Wallonie“ vor, in der er die bekannte Identitätskonstruktion der Wallonen als ursprünglich keltisch-germanischer Volksstamm propagierte, der romanisiert worden sei. Durch die kulturelle Abtrennung von Frankreich solle die eigene Identität Walloniens wiederentdeckt werden.

JAKOB MÜLLER (Berlin) bot einen Werkstattbericht zu Alexander von Falkenhausen (1878–1966). Hierbei diskutierte er sein Wirken als Befehlshaber der Militärverwaltung in Belgien und Nordfrankreich und seine Rolle in der Geschichtsschreibung als Mann des 20. Juli einerseits und als Kriegsverbrecher, der mitverantwortlich sei für die Judenvernichtung andererseits. Falkenhausens Rezeption als Widerstandskämpfer sei geprägt von seinem Teilfreispruch im Kriegsverbrecherprozess von 1950/51. Dabei habe er in König Leopold III. einen wichtigen Fürsprecher gehabt, welches in der belgischen Königsfrage von 1950 jedoch auch umgekehrt gegolten habe. Insgesamt bewege sich die Rezeption Falkenhausens innerhalb der deutschen Nachkriegserzählung von der sauberen Wehrmacht.

In seinem Vortrag zu belgischen Widerstandsgruppen im besetzten Belgien (1940 bis 1944) stellte BENJAMIN PFANNES (Potsdam) die Zusammenarbeit von „Front de l'indépendance“, „Armée secrète“ und „Mouvement National Royaliste“ in den Mittelpunkt. Ein wichtiger Erfahrungshintergrund für Belgien stelle die Besatzungserfahrung während des Ersten Weltkriegs von 1914 bis 1918 dar. Im ersten Besatzungssommer 1940 seien viele alte Netzwerke reaktiviert worden, allerdings häufig noch voneinander isoliert. Im Vergleich etwa zu Frankreich habe eine koordinierende Spitze gefehlt und die Exilregierung in London habe den Widerstandsgruppen unterschiedliche Rückendeckung zukommen lassen. Eine entscheidende Rolle habe der koordinierte Widerstand bei der Befreiung von Antwerpen im Herbst 1944 gespielt. Nach Kriegsende habe es keine Perspektive für eine Zusammenarbeit gegeben, da die politischen Ideen der Widerstandsgruppen zu weit auseinander gelegen hätten.

Irland sei unabhängig geworden, aber habe seine Sprache verloren. Mit Flandern verhielte es sich genau umgekehrt. Mit diesem Bonmot des flämischen, klerikal-faschistischen Publizisten Albert Folens (1916–2003) führte CHRISTOPH JAHR (Berlin) in seine Präsentation zu flämischen NS-Kollaborateuren im irischen „Exil“ nach 1945 ein. Folens gehörte neben Albert Luykx (1917–1978) oder Staf van Velthoven (1920–2013) zur berüchtigten Gruppe flämischer Angehöriger der Waffen-SS, die nach Kriegsende untergetaucht und nach Irland geflüchtet sind. Sein klerikal-konservatives Milieu und der Umstand, dass Irland über kein Auslieferungsabkommen mit Belgien verfügte, habe das Land so attraktiv gemacht.

CHRISTINA REIMANN (Stockholm) sprach in ihrem Vortrag zum Umgang mit Migration in Antwerpen und Rotterdam im Dampfzeitalter (1880–1914). Hafenstädte nähmen eine Rolle als Knotenpunkte globaler Handelsverbindungen, Warenströme, Migrationsbewegungen und pandemischer Seuchen ein. Hierbei eigne sich besonders die Migration gewissermaßen als Sonde für die Wechselverhältnisse zwischen globalen Entwicklungen, Veränderungen des Nationalstaats und lokalen Lebenswelten. Während in Antwerpen und Rotterdam im Rahmen einer Mobilitätsrevolution bauliche Veränderungen im städtischen Raum (zum Beispiel Hafenanlagen und Bahnhofsviertel) zu beobachten seien, habe bei der rechtlich-administrativen Migrationskontrolle bis 1914 die Kategorie Nationalität eine eher untergeordnete Rolle gespielt. Trotz nationaler Unterschiede im belgischen und niederländischen Einwanderungsrecht sei die Einbürgerungspraxis in beiden Fällen stark durch die lokalen hafenstädtischen Interessen geprägt gewesen. Als die Transmigration hauptsächlich junger, armer Männer aus Mittel- und Osteuropa über die Nordseehäfen nach Übersee ab 1880 stärker wurde, habe dies die lokalen Behörden nicht zuletzt vor dem Hintergrund wiederholter Cholera-Epidemien vor neue Fragen der Versicherheitlichung gestellt. Hierbei sei ein starker Unterschied zwischen Belgien und den Niederlanden festzustellen. Während in Belgien eine starke Präsenz von Staat und Zivilgesellschaft vorgelegen habe, sei diese in den Niederlanden eher schwach ausgebildet gewesen. Stattdessen habe dort der Umgang mit Transmigration eher in privaten Händen gelegen.

YASMINA ZIAN (Brüssel) beleuchtete in ihrem Vortrag Gnadengesuche deutscher und österreichischer Juden an die belgische Fremdenpolizei zwischen 1918 und 1925. Als kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs unter dem sozialistischen Justizminister Émile Vandervelde beschlossen worden war, dass alle Deutschen und Österreicher Belgien zu verlassen hätten, habe die Fremdenpolizei einen hohen Zustrom an Briefen erhalten. Hierbei zeige sich, wie sich die Betroffenen etwa gegen Denunziationen der Kollaboration mit dem Feind während der Besatzungszeit wehrten und gleichzeitig versuchten, ihre Rolle als Bittsteller:innen nicht über zu strapazieren. Von insgesamt 355 analysierten Akten der Fremdenpolizei hätten 150 einen thematischen Bezug zum Verhalten während des Ersten Weltkriegs, wovon in 40 Fällen eine Abschiebung durchgeführt wurde. Aus dem Quellenkorpus sei eine kollektive Erfahrung der Betroffenen erkennbar. Eine Interessenvertretung, die sich kollektiv für die von Abschiebung bedrohten Menschen eingesetzt hätte, habe es jedoch nicht gegeben.

Schließlich präsentierte LAURA STÖBENER (Berlin) unter dem Titel „Dreizehn Dossiers. Kontinuitäten repressiver Politik gegenüber als „Zigeuner“ markierten Personen in Belgien nach 1944“ die Ergebnisse ihrer Bachelorarbeit. Die Repression von Sinti und Roma habe in Belgien nicht mit der deutschen Besatzung während des Zweiten Weltkriegs begonnen und sie habe danach auch nicht geendet. So sei zum Beispiel der 1958 eingeführte Aufenthaltstitel (sogenannte „Zigeunerkarte“), bei denen sich die Betroffenen alle drei Monate bei der belgischen Fremdenpolizei melden mussten, noch bis 1975 genutzt worden. Erst 1993 sei der Tatbestand der „Landstreicherei“ aus dem belgischen Strafgesetzbuch gestrichen und letzte Arbeitskolonien geschlossen worden.

Das abschließende Resümee machte nicht nur deutlich, dass es in der historischen Belgienforschung im deutschsprachigen Raum möglich ist, einen Workshop mit einem zentralen Thema zu veranstalten, sondern einmal mehr auch, wie gewinnbringend der interdisziplinäre Austausch mit Nachbardisziplinen wie der Kunstgeschichte oder der Literaturwissenschaft erfahren wird. Beides bietet Anlass für weitere Workshops in der Zukunft.

Konferenzübersicht:

Sebastian Bischoff (Paderborn) / Christoph Jahr (Berlin) / Tatjana Mrowka (Köln) / Jens Thiel (Berlin) / Angelika Königseder (Berlin): Begrüßung

Sektion 1: Belgien und die Belgier – Selbstdefinitionen durch Abgrenzung?

Moderation: Jens Thiel (Berlin)

Semjon Aron Dreiling (Frankfurt am Main): Die Malerei im Dienst der belgischen Nation? Antoine Wiertzʼ gemalter Appell gegen Inhumanität und Krieg

Winfried Dolderer (Berlin): „Waalse ratten, rolt uw matten!“ Feindbild-Diskurse in der flämischen Bewegung

Anja van de Pol-Tegge (Brüssel/Düsseldorf): Das Eigene und das Fremde in der belgisch-deutschen Literaturübersetzung. Eine prozessuale Diskursgeschichte (1945 bis heute)

Sektion 2: Deutsche Belgienbilder – Diskurse und Wahrnehmungen

Moderation: Sebastian Bischoff (Paderborn)

Christof Baier (Düsseldorf): Die Maske und das Fremde. Interpretationen belgisch-niederländischer Kunst von Wilhelm Fraenger zwischen 1918 und 1933.

Sektion 3: Belgischer Antisemitismus – Antisemitismus in Belgien

Moderation: Angelika Königseder (Berlin)

Roel Vande Winkel (Leuven): Öffentliche Vorführung und Rezeption antisemitischer Filme im besetzten Belgien, 1940–1944

Geneviève Warland (Louvain-la-Neuve): Jüdische Feindbilder in Belgien im 19.-20. Jahrhundert. Karikaturen und Illustrationen der Zeitschriften ‚Le Tirailleur‘ und ‚L’assaut‘ aus dem Arthur Langerman Archiv

Gemeinsame Abendveranstaltung des Zentrums für Antisemitismusforschung, dem Arthur Langerman Archiv und dem Arbeitskreis Historische Belgienforschung

Moderation: Tatjana Mrowka (Köln)

Uffa Jensen (Berlin): Antisemitische Bilder und ihre historische Erforschung. Einblick in ein neues Archiv

Philippe Pierret (Brüssel): Der belgische Antisemitismus im Spiegel des Arthur Langerman-Archivs

Sektion 3: Fortsetzung

Moderation: Christoph Jahr (Berlin)

Hubert Roland (Louvain-la-Neuve): Von Paul de Man bis Hergé. Selbst- und Fremdbilder in der Literatur und Publizistik der französischsprachigen intellektuellen Kollaboration (1940 bis 1945)

Julie Crombois (Namur): Ästhetische Betrachtungen und politische Vereinnahmungen. Antisemitismus in den deutsch-belgischen Kulturtransfers (1933–1945)

Sektion 4: Antisemitismus und Besatzungsherrschaft

Moderation: Tatjana Mrowka (Köln)

Jakob Müller (Berlin): Mann des 20. Juli und Kriegsverbrecher. Der deutsche Militärbefehlshaber Alexander von Falkenhausen und der Mord an den Juden in Belgien

Sektion 5: Innerbelgische Kooperationen und Konfrontationen im Schatten der NS-Besatzungsherrschaft

Moderation: Hubert Roland (Louvain-la-Neuve)

Benjamin Pfannes (Potsdam): Zusammenarbeit der belgischen Widerstandsgruppen Front de l'indépendance, Armée secrète und Mouvement National Royaliste im besetzten Belgien (1940 bis 1944)

Christoph Jahr (Berlin): „Aiséirí FlóndraisFlanders Rising“. Flämische NS-Kollaborateure im irischen „Exil“ nach 1945

Sektion 6: Kontinuitäten von Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung

Moderation: Jakob Müller (Berlin)

Christina Reimann (Stockholm): Registrieren, Einbürgern, Einquartieren. Kontinuitäten und Brüche im Umgang mit Migration in Antwerpen und Rotterdam im Dampfzeitalter (1880–1914)

Yasmina Zian (Brüssel): Unwirksame Briefe. Die Kriegserfahrungen jüdischer Ausländer und die belgische Fremdenpolizei, 1918–1925

Laura Stöbener (Berlin): Dreizehn Dossiers. Kontinuitäten repressiver Politik gegenüber als „Zigeuner“ markierten Personen in Belgien nach 1944

Sebastian Bischoff (Paderborn) / Christoph Jahr (Berlin) / Tatjana Mrowka (Köln) / Jens Thiel (Berlin): Resümee und Perspektiven

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